Ambulantes Wochenbett - ein Erfahrungsbericht

 

 
Ins Spital gehören kranke Leute, und im Spital sind kranke Leute. Das waren zwei gute Gründe für mich, wieso ich
 
  das Wochenbett lieber zu Hause als im Spital verbringen wollte. Natürlich hatte ich als Erstgebärende so meine  
  Bedenken, ob ich das denn schaffen würde mit dem kleinen Würmchen. Schliesslich hatte ich noch nie zuvor ein so  
  kleines Kind in den Händen. Aber die Verantwortung für unser Kind sollte uns Eltern niemand abnehmen. Falls es  
  irgendwelche Probleme geben würde, könnte ich ja jederzeit meine Hebamme rufen, und sie würde uns sowieso  
  täglich besuchen. Also war der Beschluss gefasst, nach der Geburt so schnell wie möglich nach Hause zurück zu  
  kehren.  
   
 
Die Geburt verlief Gott sei Dank komplikationslos. Ich fühlte den ganzen Tag lang die Wehen stärker werden, und
 
  um sechs Uhr abends kam die Hebamme zu einer Kontrolle zu uns nach Hause. Muttermund war schon 3 cm offen,  
  also machten wir uns auf den Weg. Um sieben waren wir im Spital, und um halb elf war unsere kleine Tochter da.  
  Diese erste Nacht verbrachten wir alle gemeinsam im Gebärsaal, am Morgen um sieben fuhren wir dann nach Hause.  
  Im Spital hatte ich kaum ein Auge zutun können, aber zu Hause im eigenen Bett bin ich sofort mit dem Kind an  
  meiner Seite eingeschlafen.  
     
  Das Wochenbett war eine herrliche Zeit. Mein Mann hat sich eine Woche Ferien genommen und uns beide so  
  fürsorglich umsorgt, wie es in keinem Spital möglich gewesen wäre. Zu Essen gab es immer, worauf ich gerade  
  Lust hatte, und wann ich es wünschte. Wenn ich nachts um zwei ein Honigbrot wollte, bekam ich nachts um zwei  
  ein Honigbrot. Das Stillen hat Gott sei Dank von Anfang an geklappt, das Kind zeigte einen gesunden Appetit.  
  Vor Neugeborenengelbsucht blieben wir verschont, und der Nabel ist problemlos sauber verheilt. Ich war ausserdem  
  erstaunt, wie einfach es mir fiel, die Temperatur des Kindes einzuschätzen. Das tägliche Fiebermessen haben wir  
  bald aufgegeben. Ich konnte mir im Voraus nicht vorstellen, wie genau man als Mutter fühlt, ob das Baby genug  
  warm (oder zu warm) hat.  
     
  Für mich steht fest: auch das nächste Wochenbett verbringe ich zu Hause. Abgesehen davon, dass ich mich in der  
  gewohnten Umgebung viel besser erholen konnte und das Schlafzimmer nicht mit fremden Leuten teilen musste,  
  war es für uns als junge Familie eine sehr wichtige Zeit des Kennenlernens. Statt dass mein Mann sein Kind nur  
  zwei Stunden am Tag gesehen hätte, hat er es eine Woche lang den ganzen Tag lang um sich gehabt (und deutlich  
  öfter gewickelt als ich).  
     
  Der Begriff „Wochenbettdepression“ ist für mich übrigens ein Fremdwort geblieben. Ich bin überzeugt, dass das  
 
zu einem grossen Teil daran liegt, dass ich mich in dieser Zeit von meinem Mann verwöhnen lassen konnte. Wenn
 
 
die Situation es zulässt, kann ich es jeder Frau nur empfehlen, das Spital so früh wie möglich zu verlassen.